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Kanzlei Tykwer & Kirsch
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Landgericht Detmold, 10-S 1/12/ 02.05.2012

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts M vom 30.11.2011 wird auf seine Kosten nach einem Gegenstandswert von 4.288,58 € zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

A.

Die Parteien streiten über die Verursachung eines Verkehrsunfalls auf dem Parkplatzgelände der Firma H in C vom 26.06.2010. Der Kläger fuhr mit seinem BMW 320 d von der I-Straße auf das Parkplatzgelände der Firma H. Das Parkplatzgelände verläuft im Wesentlichen parallel zur I-Straße. Es ist rechtwinklig angelegt. An Fahrbahnmarkierungen sind an den jeweiligen Kanten des Parkplatzes rechtwinklig zur übrigen Fahrfläche Parkbuchten eingezeichnet. Darüber hinaus befindet sich ein Zebrastreifen auf der Fahrbahn. Die vom Kläger befahrene Zufahrt zum Parkplatzgelände ist links und rechts mit einem durch Bordsteine abgegrenzten Beet versehen. Dieses Beet hat die Länge einer Parkfläche. Am Ende dieser Zufahrt zum Parkplatz hin befindet sich ein von der Firma H aufgestellter Hinweis: „Auf diesem Parkplatz gelten die Bestimmungen der StVO“. Kurz nach der Auffahrt auf das Gelände kam es zu einer Kollision mit dem von der Beklagten zu 1. gelenkten Renault Laguna, der sich für den Kläger von links genähert hatte.

Erstinstanzlich hat der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 4.959,19 Euro verlangt, welchem die beklagte Haftpflichtversicherung im Laufe der rechtlichen Auseinandersetzung nahezu 50 % des geltend gemachten Schadens erstattet hatte. Mit Urteil vom 30.11.2011 hat das Amtsgericht M dem Kläger weitere 207,76 Euro zugesprochen. Dabei ist es bei der nach § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung der Verursachungsbeiträge zu gleichrangigen Haftungsanteilen der Parteien gekommen. Das Amtsgericht hat die Auffassung vertreten, dass im Unfallbereich auf dem Parkplatzgelände ein eindeutiger Straßencharakter nicht festzustellen sei. Darum sei der Beklagten zu 1. kein schuldhafter Vorfahrtsverstoß nach § 8 Abs. 1 S. 1 StVO zur Last zu legen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er den Ersatz seines gesamten Schadens weiter verfolgt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sei der Beklagten zu 1. ein schuldhafter Vorfahrtsverstoß zur Last zu legen. Auf dem streitgegenständlichen  Parkplatz gelte die Straßenverkehrsordnung. Die vom Kläger benutzte Zufahrt sei rechts und links mit Bordsteinkanten versehen. Aus diesem Grund sei diese als straßenähnlich zu betrachten. Die Beklagte zu 1) sei aufgrund zu hoher Geschwindigkeit und unter Missachtung der Vorfahrt seitlich in das Heck des Klägers hineingefahren.

Die Berufungserwiderung verteidigt das Urteil.

B.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Urteil des Amtsgerichts ist in allen Punkten zutreffend. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Schadens- ersatzanspruch aus §§ 7, 17 StVG, 115 VVG lediglich in Höhe von 50 % des ihm entstandenen Schadens. Für keine der am Unfall beteiligten Parteien war der Unfall unvermeidbar. Für die Beklagte zu 1. ergibt sich dies schon daraus, dass sie ihre Aufmerksamkeit nicht dem ganzen Verkehrsgeschehen gewidmet hat. Sie hatte ihre Aufmerksamkeit auf einen Pkw gerichtet, aus dem u. a. zwei Kinder ausgestiegen waren. Dies ergibt sich aus ihrer persönlichen Anhörung vom 09.11.2011und der erneuten Anhörung vor der Kammer. 

Für den Kläger ergibt sich die Vermeidbarkeit des Unfalls bereits daraus, dass er fälschlicherweise annahm, die Beklagte zu 1. würde ihn rechtzeitig sehen und anhalten.

Das Amtsgericht hat zu Recht die Betriebsgefahren der Fahrzeuge nach § 17 Abs. 3 StVG als gleichwertig angesehen. Der Kläger kann sich auf ein vermeintliches Vorfahrtsrecht nicht berufen. Das ergibt sich aus der vom Amtsgericht zutreffend zitierten Rechtsprechung. Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Urteil vom 15.02.2001 (6 U 202/00) nochmals die fast einhellige Meinung in der Rechtsprechung bekräftigt, dass auf einem Parkplatz die Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ nur dann gilt, wenn die einander kreuzenden Verbindungswege hinsichtlich Markierung, Breite und Verkehrsführung im Wesentlichen gleichartige Merkmale aufweisen, so dass der Straßencharakter der Fahrbahnen klar und unmissverständlich ist. Weist dagegen ein Parkplatz nur Parkflächenmarkierungen auf, gilt § 8 StVO nicht. Auf Parkplätzen markierte Fahrspuren sind grundsätzlich keine dem fließenden Verkehr dienenden Straßen und gewähren deswegen keine Vorfahrt. Allenfalls dann, wenn die auf dem Parkplatz vorgesehenen Fahrspuren durch besondere bauliche Maßnahmen so von den Parkplätzen getrennt sind, dass erkennbar ein Netz von eigens für den Fahrverkehr bestimmen Fahrbahnen geschaffen worden ist, kann § 8 StVO in Betracht kommen (OLG Koblenz, Urteil vom 14.12.1998, 12 U 1249/97). Anhand der Vielzahl der vorgelegten Lichtbilder kann sich die Kammer einen zuverlässigen Eindruck über die örtliche Parkplatzsituation im vorliegenden Fall verschaffen. Hiernach steht fest, dass auf dem Parkplatz selbst keinerlei Fahrbahnmarkierungen vorgenommen worden sind. Es befinden sich lediglich Abgrenzungen für die Parkbuchten auf der sonst rechteckigen Parkplatzfläche. Allein das Vorhandensein von Fußgängerüberwegen gibt dem übrigen Parkplatz nicht das Gepräge eines geregelten Straßenverkehrs.

Da keiner der am Unfall beteiligten Personen ein Verkehrsverstoß zur Last gelegt werden kann, jenseits von § 1 Abs. 2 StVO, kann der Kläger nicht mehr als 50 % des ihm entstandenen Schadens ersetzt verlangen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 und 708 Nr. 10 ZPO.