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Kanzlei Tykwer & Kirsch
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Amtsgericht Lemgo, 20 C 403/10 / 23.02.2011

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die gegen ihn gerichtete Vollstreckung gegen Si¬cherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 3.459,78 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger, der als selbständiger Dachdeckermeister einen Dachdeckerbetrieb führt, war am 04.02.2010 im Rahmen einer Tagungsveranstaltung in dem von der Beklagten betriebenen Hotel in T abgestiegen. Am Nachmittag suchte der Kläger gemeinsam mit anderen Tagungsteilnehmern die hauseigene automatische Scherenkegelbahn auf, um zu kegeln. Beim Betrieb der Kegelbahn laufen die aus Richtung des Stellautomaten über den Kugelrücklauf zurücklaufenden Kugeln im Kugelsammelkasten hoch und werden dort für den nächsten Wurf in Griffhöhe bereitgestellt. Aus zwischen den Parteien streitigen Gründen geriet der Kläger mit seinem linken Mittelfinger zwischen einer auf dem Rücklauf befindlichen Kugel und einer weiteren zurücklaufenden Kugel. Hierbei erlitt der Kläger eine 2 cm lange Quetschwunde mit Mehrfragmentfraktur.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage den Ersatz eines Unfallschadens in Form von Lohnkosten für eine Ersatzkraft in seinem Betrieb von 2.459,78 Euro sowie die Zahlung eines Schmerzensgeldes im Bereich von 1.000,00 Euro. Der Kläger behauptet, der Kugelrücklauf habe nicht ordnungsgemäß funktioniert, weil der Kugelsammelkasten nicht auf der Bahn befestigt gewesen sei. Mit jeder zurücklaufenden Kugel habe sich der Sammelkasten ein Stück nach hinten bewegt. Letztendlich habe er deswegen keine Kugeln mehr aufnehmen können, weil der Schwung der Kugeln nicht ausgereicht habe. Er, der Kläger, habe daher eine auf dem Rücklauf befindliche Kugel auf Zuruf seiner Kollegen mit dem Fuß gestoppt. Beim Versuch, die Kugel aufzunehmen, sei es zu dem Unfall gekommen. Hierbei habe er sich erheblich verletzt. Er sei in der Zeit vom 04.02.2010 bis 19.03.2010 arbeitsunfähig gewesen. In dieser Zeit habe er ab dem 22.02.2010 eine Ersatzkraft beschäftigen müssen. Für diese Ersatzkraft habe er insgesamt 2.459,78 Euro Arbeitslohn aufgewandt.

Der Kläger beantragt:

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.459,78 Euro zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.03.2010,
  2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn ein angemessenes, in das Ermessen des Gerichtes gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.03.2010,
  3. die Beklagte zu verurteilen, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 359,50 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Kegelbahn habe ordnungsgemäß funktioniert. Sie ist der Ansicht, Ansprüche des Klägers seien dessen ungeachtet wegen eines überwiegenden Mitverschuldens am Schadenshergang ausgeschlossen. Schließlich rügt die Beklagte die Aktivlegitimation des Klägers, soweit dieser trotz bestehender Rechtschutzversicherung die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend macht.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht kein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch gegen die Beklagte aufgrund des am 04.02.2010 erlittenen Unfalls auf der Kegelbahn des von der Beklagten betriebenen Hotels zu. Ein Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aufgrund einer Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht gemäß § 823 Abs. 1 BGB.

Derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage für Dritte schafft oder andauern lässt, hat Rücksicht auf diese Gefährdung zu nehmen und deshalb die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (sog. allgemeine Verkehrssicherungspflicht, vgl. BGH NJW 2007, S. 762).

Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die Beklagte die sie als Hotelbetreiberin treffende Verkehrssicherungspflicht schuldhaft dadurch verletzt hat, dass sie ihren Gästen eine nicht ordnungsgemäß funktionierende Kegelbahn zur Verfügung stellte. Einer Beweisaufnahme über den bestrittenen Vortrag des Klägers, wonach eine Befestigung des Kugelsammelkastens mit dem Boden unterblieben ist, bedurfte es nicht, weil mögliche Ersatzansprüche des Klägers wegen eines die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht überwiegenden eigenen Mitverschuldens ausgeschlossen sind.

Hat bei der Entstehung eines Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes gemäß § 254 Abs. 1 BGB von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Der Kläger hat sich in der Unfallsituation leichtsinnig verhalten, weil er sich auf Zuruf seiner Kollegen in eine Gefahrenlage begeben hat, indem er eine auf dem Kugelrücklauf befindliche Kugel mit der Hand aufnehmen wollte. Dabei hat er es in grob fahrlässiger Weise unterlassen, sich zu vergewissern, dass zeitgleich keine weitere Kugel zurücklief. Hätte er die erforderliche Sorgfalt beachtet, hätte er die auf dem Kugelrücklauf in Richtung des Sammelkastens rollende Kugel erkennen können. Dabei ist gerichtsbekannt, dass die Kugeln generell mit hoher Geschwindigkeit zurücklaufen. Insbesondere angesichts des hohen Eigengewichts der Kugeln stellt der Bereich des Kugelrücklaufs daher einen besonderen Gefahrbereich dar, der von jedem Kegler höchste Aufmerksamkeit und Sorgfalt abverlangt. Richtigerweise hätte der Kläger sich schon nicht in Gefahr begeben dürfen, nach einer auf dem Kugelrücklauf befindlichen Kugel zu greifen; erst recht gilt dies aber für einen Griff nach der Kugel ohne Kontrolle im Hinblick auf weitere zurückrollende Kugeln. Richtigerweise hätte der Kläger stattdessen sofort Mitteilung an die Hotelleitung geben müssen und das Kegeln einstellen müssen.

Weil der Kläger die erforderliche Aufmerksamkeit nicht hat walten lassen, sondern sich grob sorgfaltswidrig verhalten hat, erscheint es sachgerecht, ihm in jedem Fall, d.h. auch im Falle eines möglichen Defektes des Kugelsammelkastens die alleinige Verantwortlichkeit für den eingetretenen Unfall aufzuerlegen.

Sonstige Anspruchsgrundlagen, die das Klagebegehren rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich oder vorgetragen.

Ohne weitere Prüfung zur Höhe des geltend gemachten Schadens bzw. Schmerzensgeldes ist die Klage daher auch hinsichtlich der erhobenen Nebenforderungen abzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Streitwert: 3.459,78 €